Irland - Eire Ireland

meine Jahresarbeit,
geschrieben in Klasse 12
der Freien Waldorfschule Jena
[1999/2000]

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Michael Collins und sein Kampf für ein freies Irland

Michael Collins war einer der legendären Anführer des irischen Aufstandes von 1919 - 1921. Er hatte alles, was einen Mann zum Mythos machen kann: ein gewinnendes Äußeres, eine starke charismatische Persönlichkeit, Durchsetzungskraft, hohes organisatorisches und politisches Geschick und er starb jung.

Die Figur des Michael Collins hat historisch weitaus größere Bedeutung als die eines führenden irischen Freiheitskämpfers. Es ist die Komplexität des Mannes, die ihn zum Vorbild jeder Art von Aufbegehren gegen politische Fesseln und geistige Knebelung in unserem Jahrhundert gemacht hat. Collins war ein patriotischer Kämpfer und ein cleverer Stratege, ein rücksichtsloser Taktiker und ein überlegender Staatsmann, vor allem aber war er der erste Theoretiker des großstädtischen Guerilla-Krieges, wofür ihn Mao Tse-tung und Yitzhak Shamir bewundert haben.

Michael Collins wurde am 16. Oktober 1890 in Woodfield, Clonakilty, in der Grafschaft Cork geboren. Er war der dritte Sohn und das jüngste von acht Kindern. Sein Vater, ebenso Michael Collins genannt, war bereits 75 Jahre alt, als Michael Junior geboren wurde. Auf seinem Sterbebett deutete der Vater auf sein jüngstes Kind und nötigte seine Familie, auf Michael zu achten, denn "Eines Tages wird er ein großer Mann sein. Er wird Großes für Irland vollbringen". Zu dieser Zeit war Michael 6 Jahre alt.

In diesen sechs Jahren war Michael sehr von seinem Vater beeinflußt worden, der seine Kinder ermutigte, patriotische Balladen und Gedichte zu lernen. West Cork war das Herzland des Feniertums, der Irisch nationalistischen Bewegung, im 19. Jahrhundert gegründet. Jeremiah O`Donovan Rossa, einer der Begründer, war Lehrer in einer Schule in Rosscarberry, drei Meilen entfernt vom Haus der Collins. Michaels eigener Lehrer, Denis Lyons, war Mitglied der Fenier Organisation, der IRB (Irish Republican Brotherhood) und erwies sich als inspirative Figur. Der ansässige Schmied, James Santry, war ebenso Fenier. Der junge Michael kam oft zu seiner Schmiede, um Geschichten früherer irischer Rebellionen von 1798 und 1848 zu hören. Jahre später sollte sich Michael daran erinnern, daß "In Denis Lyons und James Santry hatte ich meine ersten fähigen Tutoren, ob ihrer Persönlichkeiten allein, infusionierten sie mir den Stolz der Iren als eine Rasse."

Als Kind las Michael sehr viel. Er war mit Shakespeare vertraut und den größten Novelisten des 19. Jahrhunderts. Jede Woche las er die nationalistische Zeitung "The Freeman's Weekly" und "The Leader". Erst 11 Jahre alt begann Michael die "The United Irishman" zu abonnieren, die von Arthur Griffith herausgegeben wurde. Beinahe 20 Jahre später würden Griffith und Michael Collins die allerwichtigsten irischen Repräsentanten in den Vertragsverhandlungen mit Großbritannien sein. Griffith hatte einen profunden Einfluß auf den jungen Michael Collins. Im Alter von 12 Jahren schrieb dieser "Mit Arthur Griffith ist eine mächtige Kraft in Irland. Er hat nichts von der Wildheit einiger, die ich aufzählen könnte. Statt dessen ist hier eine Fülle von Weisheit und Bewußtsein der Dinge die Irland ausmachen."

Der junge Michael Collins war ein begeisterter Sportler. Er spielte das lokale Spiel Road Bowling. Er hatte Freude am irischen Hurlingspiel und liebte das Fischen. Aber es war sein überragendes Können als Ringkämpfer, wodurch man auf Michael aufmerksam wurde. Er nahm es mit allen und jedem auf und härtere Runden endeten für gewöhnlich damit, daß Collins seinem Gegner ins Ohr biß. Später im Unabhängigkeitskrieg brach er oft die sich anstauende Spannung unter seinen Kameraden, in dem er auf "ein Stück Ohr", wie er es nannte, bestand.

Im Juli 1906, im Alter von 15 Jahren, emigrierte Michael Collins nach London, wo er als Sekretär im West Kensington Post Office arbeitete. Er faßte schnell in der starken Irish Community in London Fuß. Er trat der Gaelic Athletic Association (GAA), die Gaelic League, die die Wiederbelebung der irischen Sprache und Sinn Féin unterstützte. Im November 1909 wurde er in den Irish Republican Brotherhood (IRB) eingeführt. Zu dieser Zeit war der IRB im Niedergang begriffen, aber das Versagen der Irish Parliamentary Party (IPP) im Erlangen der Home Rule durch konstitutionelle Mittel, lockte jüngere Mitglieder in die Organisation. Kurz nach dem er dem IRB beigetreten war, verließ Michael das Postamt und nahm einen Job bei einer Börsenmakler Company und später arbeitete er im Whitehall Labour Exchange. Letztendlich, bevor er nach Irland zurückkehrte, arbeitete er kurz für eine amerikanische Firma, der Guaranty Trust Company.

Außerhalb der Arbeit schrieb Collins Artikel über die irische Geschichte und aktuelle politische Ereignisse.

Als Michael Collins Anfang 1916 nach Dublin kam, war die Szene für einen bewaffneten Aufstand festgelegt. Der Militärexperte der IRB, Joseph Plunkett, ernannte ihn zum Stabsoffizier und er unterhielt regulären Kontakt zu zwei älteren IRB Mitgliedern, Tom Clarke und Seán Mac Diarmada. Der Osteraufstand, als er kam, war ein organisatorische Katastrophe. Eoin MacNeill, der Gründer der Irish Volunteers, erteilte Befehle, alle Pläne für einen Aufstand aufzugeben. Der IRB widerrief diese Befehle. Trotz dieses Durcheinanders, war den Volunteers gemeinsam mit der Irish Citizen Army, Erfolg beschieden, als sie einige Hauptgebäude in der Innenstadt einnahmen. Michael Collins kämpfte im GPO (General Post Office), Seite an Seite mit den Anführern des Aufstandes, Padraic Pearse und James Connolly. Nach fünf Tagen des Kampfes, waren die Volunteers gezwungen, sich zu ergeben.

Der Aufstand war zu dieser Zeit in den Zeitungen angeprangert worden und die Leute waren sehr erbost über die Zerstörung der Innenstadt. Aber die Stimmung der Leute änderte sich rasch, als die Anführer der Rebellion, einschließlich Clarke und MacDiarmada, in einen Zeitraum von 10 Tagen hingerichtet wurden. Connolly, der der Letzte war, der sich dem Erschießungskommando gegenüber sah, mußte im Stuhl festgebunden werden, da er wegen seiner Verletzungen nichtaufrecht stehen konnte.

Der Aufstand und seine Nachwirkungen hinterließen einen tiefen und bleibenden Eindruck auf Michael Collins. Später schrieb er: "Sie sind erhaben unter den Händen des Erschießungskommandos gestorben. Das gestehe ich ihnen zu. Aber ich glaube nicht, daß die Woche des Aufstandes eine geeignete Zeit war, denn die Ausgabe der Memoranda drückte sich in poetischen Phrasen aus, noch waren die Aktionen in entsprechender Weise ausgearbeitet. Von innen heraus betrachtet ... hatte es die Atmosphäre einer griechischen Tragödie an sich ... In Connolly und Pearse verehre ich zu forderst den Gestalter. Connolly war ein Realist, Pearse das genaue Gegenteil ... Im Ganzen denke ich, daß der Aufstand fürchterlich verpfuscht worden ist, der so manchem ein gutes Leben gekostet hat. Zuerst schien es gut organisiert zu sein, aber danach wurde er Gegenstand von Panikentscheidungen und einem großen Mangel an sehr wichtiger Organisation und Kooperation."

Collins und seine Mit-Volunteers wurden nach dem gescheiterten Osteraufstand zusammengetrieben und auf ein Boot für Vieh verfrachtet, um sie in englische Gefängnisse zu bringen. Zuerst wurde er im Stafford Gefängnis eingesperrt und dann, Ende Juni, wurden die Gefangenen dem Frongach Camp in Wales überstellt. Die britische Regierung, besorgt darum, die Sympathie der Öffentlichkeit für die Rebellen in Irland zu entschärfen, ließ die Internierten am 22. Dezember 1916 frei. Nach seiner Heimkehr fand Collins sehr schnell eine Anstellung als Sekretär der Irish National Aid und des Volunteer Dependants Fund. Er nutzte seine Position, um die Volunteer Bewegung wieder neu zu beleben und neue Rekruten für den IRB zu gewinnen. Aber es war Sinn Féin und nicht der IRB, die am meisten von der Niederschlagung des Aufstandes profitierte, trotz der Tatsache, daß Griffith dem ablehnend gegenüber stand. Anfänglich mißtrauisch gegenüber Sinn Féin (We Ourselves/Wir selbst), wurde sich Collins bewußt, daß es sich um eine radikale nationalistische Partei handelte, die die IPP besiegen könnte. Er zog tatkräftig in einer Serie von Ersatzwahlen zu Felde, erst in Roscommon, dann in Longford. In der Longford Ersatzwahl nominierte Collins Joe McGuinness, der noch immer eine Gefängnisstrafe für sein Mitwirken im Aufstand abzusitzen hatte. Unter Einsatz des Slogans "Put him in, to get him out", wurde McGuinness gewählt. Der Effekt des Ersatzwahlsieges folgte beinahe umgehend. Die Briten ließen die restlichen 120 Häftlinge frei.

Unter den entlassenen Häftlingen befanden sich zwei überlebende Senioroffiziere, Thomas Ashe und Éamon de Valera. De Valera war 1916 nicht hingerichtet worden, da er in Amerika geboren wurde. Ashe war zum Präsidenten des IRB gewählt worden, doch wurde schon sehr bald unter Arrest genommen, da er aufrührerische Ansprachen hielt. Da man ihm politischen Status verweigerte, ging Thomas Ashe in den Hungerstreik und starb fünf Tage später, als die Briten versuchten, ihn Zwangs zu ernähren. Die Begräbnisarrangements wurden von Michael Collins getätigt. Am Grabe trat eine Abordnung uniformierter Volunteers nach vorne und feuerte eine Gewehrsalve ab. Danach gab Collins eine kurze feierliche Rede: "Es bleibt nichts, was man hinzufügen könnte. Die Salve, die wir gerade hörten, ist die einzige Rede, die am Grab eines toten Feniers angemessen ist." Dann weinte Collins in einer sehr seltenen Zurschaustellung von Trauer.

Collins organisierte nun die Wahl von de Valera als Präsident der "Sinn Féin", in Übereinkunft mit Arthur Griffith. "Sinn Féin's" Hauptziel war nun die "internationale Anerkennung Irlands als eine unabhängige Irische Republik". Die Militanten dominierten "Sinn Féin" und Collins begann, eine "effective intelligence gathering operation" zu organisieren. Unter denen, die er rekrutierte, um für ihn zu spionieren, befand sich Joe Kavanagh und Sergeant Ned Broy, Detektive der G-Division. Die G-Männer, wie sie genannt wurden, saßen am Herzen der "British Intelligence" in Irland. Leute an der Innenseite zu haben, bewies sich als eine unbezahlbare Quelle von Informationen für Collins.

Anfang 1918 wurde Collins verhaftet, da er eine Rede gegen die Wehrpflicht in Legga, County Longford, hielt. Collins wurde in Sligo ins Gefängnis gesperrt, aber er ersuchte um Freilassung auf Kaution. Als er auf Kaution freigelassen wurde, begab er sich auf die Flucht.

Während seiner zahlreichen Besuche in Longford, weilte Collins im Greville Arms in Granard, das von "vier hübschen Schwestern und ihrem Bruder" geführt wurde. Michael hatte sich in Kitty verliebt, die zweitälteste Schwester. Sein Hauptrivale um ihre Hand war sein Kamerad in der IRB, Harry Boland.

Überall im ganzen Land fanden Anti-Wehrpflicht Kampagnen statt. Die Briten entschieden, die führenden Nationalisten in einem Versuch, die Anti-Wehrpflicht Proteste zu stoppen, zu arretieren. Collins erhielt rechtzeitig über die geplante Arretierung einen Wink von seinen Informanten und sagte de Valera und der Sinn Féin Exekutive was geschehen würde. Doch sie entschieden, daß sie einen weitaus größeren Nutzen und politischen Sieg gewinnen, wenn sie arretiert werden würden.

Seán McGarry, der Präsident des IRB, wurde ebenfalls arretiert und Collins wurde sein Nachfolger als Präsident "der Organisation", wie sie bekannt wurde.

Der einzige Erfolg dieser Arretierung bestand darin, daß das nationalistische Ressentiment nur immer weiter betrieben wurde. Collins und Harry Boland besaßen nun effektive Kontrolle über die republikanische Organisation und nahmen die Vorbereitungen es in Angriff, Sinn Féin für die anstehenden Hauptwahlen vorzubereiten. Dies kam, als Lloyd George eine Blitzwahl ankündigte, die dem Ende des ersten Weltkrieges folgte. Diese Wahlen waren ein Triumph für Sinn Féin. Sie gewannen 73 Sitze, im Vergleich mit den 6 für die IPP. Michael Collins wurde ungehindert für den Wahlkreis South Cork gewählt.

Während des Guerillakrieges gegen die britische Regierung wurde Collins zu einer legendären Figur. In den Friedensverhandlungen mit England war er einer der irischen Verhandlungsführer. Collins war in Irland mittlerweile ein Volksheld geworden; de Valera wurde zwar später Präsident der Republik Irland, hat aber niemals seinen Stellenwert erlangt. Ich glaube, daß Éamon de Valera neidisch auf Collins Berühmtheit war und das er deshalb Collins zu den Verhandlungen schickte, weil er ahnte, daß Irland niemals ein unabhängiger Staat werden kann und das ein Großteil der Bevölkerung nicht verstehen würde, daß Irland immer noch an England gebunden ist. Am 6. Dezember 1921 wurde der Vertrag, der Irland (bis auf Nordirland) zu einem unabhängigen Staat im Rahmen des britischen Commonwealth machte, unterzeichnet. Irland war zwar nun ein Freistaat mit Militärhoheit, mußte aber dem englischen König die Treue schwören. Aber dieser Vertrag brachte noch mehr Unruhen nach Irland, es kam zur Spaltung der anti-englischen Kräfte, da die radikalere Gruppe um Éamon de Valera die vollständige Unabhängigkeit von England wünschte. Die Unruhen wurden im Juni 1922 zum offenen Bürgerkrieg. Collins wurde Chef der "Free State Army" und versuchte gleichzeitig ausgleichend zwischen den Parteien zu vermitteln. Am 22. August 1922 geriet er auf einer Inspektionsreise bei Bandon/ Cork in einen Hinterhalt und wurde getötet.

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